Realming – Räume schaffen, die Freiheiten ermöglichen

Menschliches Da-Sein und Bewusstsein kann als beseelter Raum verstanden werden. Da wo ein Mensch ist, der sich selbst und seines Raumes bewusst wird, kann Handlungsfreiheit entstehen.
Welche Räume lassen sich beseelen, welche müssen vielleicht beseelt werden, um zu so etwas wie Freiheit zu gelangen?

Realming unterscheidet die drei Bereiche von „Ich mit mir“, „Ich mit dir“ und „Ich mit euch“. Diese Bereiche besitzen schon raumartige Dimensionen in dem Sinn, dass sie unvermeidliche Umgebungen darstellen. Eine differenziertere Betrachtung veranschaulicht die Möglichkeiten, Freiheiten zu gewinnen.

Dies ist der erste Beitrag einer fünfteiligen Serie über diese Möglichkeiten.

1. Der Aufmerksamkeitsraum

Für das Selbstgefühl ist es wichtig, genügend und angemessene Aufmerksamkeit von anderen zu bekommen. Ein Mitmensch ist dann eine Quelle von Selbstwert und Selbstvertrauen, wenn er sich freut, wenn er mich sieht, wenn er zuhört, wenn ich spreche, wenn er darauf achtet, wenn ich mir etwas von ihm wünsche. Solche Menschen gibt es vielleicht nicht so viele. Aber schon kleine Gesten, ein Lächeln, ein Zunicken, ein Blickkontakt können mir zeigen, dass ich da bin, gesehen und geschätzt werde.
Solche Hinweise nicht zu bekommen, bedeutet eine Art von „Verschwinden“ aus dem Da-Sein. Mit dem Da-Sein gehen aber auch die Handlungsmöglichkeiten verloren. Manche Betroffene verschwinden scheinbar tatsächlich, vergraben sich in ihren Wohnungen und begrenzen die unumgänglichen Sozialkontakte auf ein Minimum. Am anderen Pol des Spektrums veranstalten die Betroffenen grandiose und Aufsehen erregende Auftritte, mit denen sie wenigstens Kopfschütteln erreichen. Dazwischen liegen noch Menschen, die auf negative Aufmerksamkeit aus sind, die gegen Regeln verstoßen oder provozieren um letztlich bestraft und/oder verachtet zu werden.
Betroffene sind in aller Regel Menschen, die schon früh in ihrem Leben die Erfahrung machen mussten, dass sie nicht beachtet werden, nur beachtet werden, wenn sie sich enorm anstrengten oder nur negative Beachtung fanden. Sie hatten keine Gelegenheit, die Fähigkeiten zu erlernen, sich mit Mitmenschen zu verständigen. Ihre frühe Erfahrung ist die Erwartung ihrer Gegenwart.
Was einigen Menschen wie selbstverständlich vorkommt, sind Fähigkeiten, die üblicherweise früh im Leben erworben werden. Wer sie damals nicht erwerben konnte, kann sein Repertoire aber auch als Erwachsener noch ergänzen. Eine Selbsterfahrungsgruppe, wie Realming sie anbietet, ist eine gute Gelegenheit, den Erfahrungshorizont zu erweitern und wertvolle Fähigkeiten zu erwerben. In einem geschützten Gruppensetting können die Möglichkeiten eines mitmenschlichen Umgangs kennengelernt werden – sehen und gesehen werden, hören und gehört werden, sich gegenseitig Rückmeldungen geben, mit gegenseitigem Respekt miteinander umgehen. Ganz allmählich wird so der Aufmerksamkeitsraum beseelt, mit Leben erfüllt und womöglich mit Freud genossen werden. Mitunter braucht es einen Raum, um sich von Vergangenem frei zu machen, um für die Zukunft mehr Handlungsfreiheit zu gewinnen.

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