Realming und Grenzen
Wo und wie auch immer sich ein Mensch auf der Welt befindet, er befindet sich in einer Umgebung. Die maximale Umgebung ist vielleicht die Erde selbst, aber die übliche Umgebung ist in einer Stadt, einem Dorf, in der Natur oder in einem Gebäude, alleine oder in Begleitung – immerzu sind wir von etwas umgeben, das nicht wir selbst sind.
Wo verlaufen die Grenzen zu den Umgebungen? Wie sind sie gestaltet? Sind es hohe Mauern, gibt es Schilder, wer bestimmt, wo die Grenze verläuft, was herein darf und was draußen bleiben soll?
Grenzen, Hüllen und Häute sind eine Grundvoraussetzung für jedes Lebewesen. Grenzen geben Form und gewähren Schutz, damit sind sie eine Voraussetzung für Kontakt, der als Berührung von zwei Grenzen betrachtet werden kann. Grenzen definieren Territorien und Territorien sind Räume, die Schutz gewähren, um entspannt leben zu können.
Bedrohte Grenzen lösen Angst aus, welche die Stresssysteme des Körpers aktivieren. Nur sichere Grenzen erlauben Entspannung, Erkundungsverhalten und Bereitschaft zum Lernen oder Spielen – zum Aufbau neuer Erfahrungen, zur Aneignung neuen Wissens.
Welche Territorien gibt es?
Zunächst natürlich die physikalischen Räume und Grenzen, meine Zimmertüre, die Grenze zu Frankreich, die Goldader, die mir (leider nicht) gehört. Aber Territorien sind auch psychische Phänomene. Erst mein Bewusstsein macht einen Raum zu meinem Raum oder Reich. Ich erschaffe solche psychischen Räume selbst und bin gleichzeitig in ihnen enthalten. Meine Lebensqualität hängt entscheidend davon ab, wie zutreffend ich meine Räume wahrnehme und wie sicher ich mich in ihnen fühle.
Realming unterscheidet die drei Groß-Territorien von „Ich mit mir“, „Ich mit Dir“ und „Ich mit Euch“. Diese Bereiche spielen im Leben und Erleben eine zentrale Rolle. Mein Umgang mit mir Selbst, meine Gewohnheiten und Routinen begleiten mich Tag für Tag. Ebenso haben die meisten Menschen bedeutsame Beziehungen mit für sie wichtigen Menschen – was ist hier erlaubt und was verboten, was erscheint möglich und was unvorstellbar? Und auch der soziale Kontext ist in jedem Moment gegeben – in ihm muss ich mich zwangsläufig bewegen, er fordert mich heraus, setzt mir Grenzen oder belohnt mich für mein Wohlverhalten.
Grenzen wahrnehmen heißt Räume öffnen
In allen diesen Räumen kann Unsicherheit erfahren werden, sind die Grenzen mitunter kaum bewusst. Und vor allem, wir haben unsere Möglichkeiten in diesen Räumen ganz überwiegend biografisch erfahren und erworben, in der Ohnmachtssituation von Kindern. Aus dieser Zeit stammen noch viele unserer Überzeugungen, mit denen wir uns selbst mehr begrenzen als eigentlich nötig wäre.
Realming widmet dem Grenz-Thema ein ganzes Jahr, erkundet die Landkarten dieser Räume und erweitert sie um neue Möglichkeiten.