Vor dem neuen Schritt, ein Blick zurück

„Wer neu anfangen will, ist gut damit beraten zurückzuschauen“

Aber warum oder wozu sollte man überhaupt neu anfangen wollen?

Es mag vielleicht damit zusammenhängen, dass die Situation auf der Erde immer verwirrender erscheint. Da zerbröselt eine Nachkriegsordnung, an der man sich fast fünfzig Jahre lang orientieren konnte. Da erinnern uns brennende Wälder rund um den Globus daran, dass das Klima sich rasant verändert, und nun kommt auch noch Corona dazu – die pandemische Seuche, deren Bekämpfung die Gesellschaften weltweit herausfordert.
Im „World Wide Web“ der globalisierten Welt wachsen die Diskussionen über all das ins Uferlose. Studien, Gegenstudien, Meinungen, Neuigkeiten, Entdeckungen und jede Menge Hass, Lügen und Abwertungen. Wem soll man glauben? Wem kann man glauben? Wer hat Recht? Wer hat welches Interesse? Was ist der Unterschied zwischen einer Meinung und einem Argument? Warum sind „Alternative Fakten“ keine Fakten und ein Gefühl kein Argument?
Dieses Tohuwabohu verletzt das zutiefst menschliche Bedürfnis nach Orientierung. Die Orientierung zu verlieren induziert Angst. Wie soll ich sinnvoll entscheiden, was ich tun soll? Was wird als Nächstes auf mich zukommen? Um der Angst zu entkommen erscheint fast jede Erklärung recht. Wenn ich nur genügend Menschen finde, die meine Meinung teilen, fühle ich mich vielleicht etwas sicherer, aber zumindest wird die Angst gedämpft.
Die Größenordnung der Herausforderungen verletzt auch das menschliche Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit. Was können Einzelne denn gegen den Klimawandel tun, gegen politisch Größenwahnsinnige, gegen ein unsichtbares Virus? Und auch hier kann die Suche nach ähnlich Ohnmächtigen hilfreich erscheinen. „Aktionen!“ heißt dann das gemeinsame Motto. Petitionen, Demonstrationen, Kampagnen – Hauptsache es gibt etwas zu tun, so dass die Ohnmacht in den Hintergrund rückt.

Betroffenheit

Aber globale Vorfälle mischen sich in der Regel nur unmerklich in das Alltagsleben ein (zumindest hierzulande). Alltägliche Herausforderungen gibt es bereits zur Genüge – mit der Gesundheit, mit Partnern, Kindern, im Beruf, in der Freizeit oder direkt in der Stadt oder Gemeinde – die kleineren oder größeren Sorgen, mit denen Menschen sich so herumplagen.
Es scheint aber eine Art Ansteckung stattzufinden. Der raue Ton, der an der Computertastatur angeschlagen wird, wird zum Geschrei bei der nächstbesten Diskussion oder Demonstration. Und das laute Schreien führt dazu, dass nicht mehr zugehört werden kann. Man hält sich gewissermaßen die Ohren zu und versucht lauter als ein anderer zu sein – „Wenn ich schreie, habe ich Recht!“
Und es gibt noch eine weitere Einsicht, die mehr und mehr um sich greift: „So kann es nicht weitergehen!“ Etwas ist schon dabei, sich merklich zu verändern und das erzwingt bereits eine Veränderung bei den Betroffenen. Und nun könnte die Frage auftauchen: „Wie könnte ich etwas anders machen, etwas Neues anfangen, das Bestehende kreativ verändern, dem äußeren Zwang zuvorkommen und selbst gestalten was mir in meinen Grenzen möglich ist?“

Rückschau für den Fortschritt

Dass ich als Einzelner ziemlich machtlos vor den globalen Herausforderungen stehe, erscheint offensichtlich. Physikalische und Soziale Realitäten sind massiv und widerständig. Aber an manchen Stellen mag es möglich sein, sich diese Realitäten passender zu machen, sie zu assimilieren. Und wo das nicht möglich ist, kann ich mich vielleicht selbst ein wenig passender machen, mich akkommodieren. Das Ziel wäre eine möglichst bekömmliche Anpassung an das was wirklich ist.
Aber wie kann das gehen, sich die Welt passend machen, sich Umständen anpassen? Ich denke, zurückzuschauen hilft dabei diese Fragen zu beantworten. Sehen, was ich erlernt und erworben habe; erkennen, was ich weiß und was ich nicht weiß; eine Bestandsaufnahme meiner Fähigkeiten machen, meiner Qualitäten ebenso wie meiner Unsicherheiten und Wissenslücken.
Diese Rückschau reicht zurück bis in die Kindheit, denn dort beginnen Menschen, das Bild von sich selbst, von anderen Menschen und von der Welt zu entwickeln. Die Erfahrungen aus dieser Zeit beeinflussen die Perspektiven der Gegenwart, färben die Vorstellungwelt, und bestimmen die Handlungsmöglichkeiten mit. Erfahrungen, die nicht gemacht werden konnten, kommen in diesem Spektrum eher nicht vor.

Realming

Mit der Rückschau verändert sich das Bild der Gegenwart. Grenzen werden klarer, Austauschmöglichkeiten stimmiger und Regulationen souveräner. Die Orientierung nimmt zu, die Selbstwirksamkeit verbessert sich und die Werte bekommen eine passende Ordnung. Es wird leichter, gut bei sich zu sein und gut mit und in der Welt zu sein.
Je turbulenter das Weltgeschehen wird, desto hilfreicher ist es, seine Fähigkeiten zu entwickeln, seine Selbstkenntnis zu erweitern und Mittel und Wege zu kennen, seinen guten Platz zu finden und zu behalten.
Realming bietet ein System von erprobten Methoden für die Rückschau, und ein übersichtliches Modell von Sein und Werden.

Infotag und Mini-Workshop am 06.02.21 von 14 – 18 Uhr in Freiburg