Was bedeutet Realming?

Was bedeutet Realming?

Realming bedeutet Räume zu erschaffen. Raum ist in jeder Wahrnehmung enthalten, alles was Menschen wahrnehmen ist räumlich und zeitlich angeordnet. Es gibt physikalische Räume – Häuser, Hallen, Zimmer und Schränke; Zeiträume – Sekunden, Stunden, Tag- und Nachtzeit u.v.m.
Es gibt die psychischen Räume des Selbstseins, Beziehungsräume mit anderen, Meinungsräume, Handlungsräume, Spielräume und Wahrnehmungsräume.
Alle Räume bringen Grenzen mit sich, die den Raum erst definieren. Diese Grenzen können solide und zuverlässig sein, sie können brüchig und durchlässig sein, sie können den Raum zu eng zum Atmen machen oder so weit sein, dass man sich im Raum verlieren kann.
Das Leben an sich ist das raumschaffende Prinzip. Von Einzellern bis zum Menschen umgrenzen sich Lebewesen um leben zu können. Räume und Grenzen ermöglichen erst das Leben; Leben erschafft Räume und Räume sind für das Leben notwendig.
Realming erforscht die Aktivität der Schaffung von Räumen. Diese Aktivität ist körperlich, seelisch, geistig, sozial und spirituell. Die eigenen Räume können bewusst werden und werden so Anpassungen zugänglich.

Was bedeutet, gut bei sich?

An jedem menschlichen Raum ist der jeweilige Mensch sowohl Teil der Grenze als auch Inhalt des Raums. Die gefühlte Gegenwart des lebendigen Körpers ist der Nullpunkt eines persönlichen Koordinatensystems. Diese gefühlte Gegenwart vermittelt Orientierung in jeder Situation. Orientierung ist die Grundlage eines sinnvollen Handelns.
Sinnvolles Handeln ist selbstwirksames Handeln. Um selbstwirksam handeln zu können, braucht es Selbstkontakt – die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse, Erwartungen, Wünsche, Werte und Impulse. Selbstwirksames Handeln vermittelt Selbstwert und Zufriedenheit.
Realming bietet Übungen und Praxis für Selbstwahrnehmung. Verbunden mit der gefühlten Gegenwart entsteht so eine Basis für angemessenes Handeln, im Dienst der eigenen Zufriedenheit.

Was bedeutet, gut in der Welt?

Jeder menschliche Raum ist, in mehr oder minder großem Ausmaß, auch ein Teil eines sozialen Raums. Die sozialen Räume setzen ebenfalls Grenzen. Sie fordern Pflichten ein, geben Regeln vor und fordern Respekt.
Regeln bieten eine Orientierung. Sie sind eine Art Routine Anleitung für bestimmte Situationen. Die allermeisten dieser Routinen ließen sich auch auf eine andere Art erledigen, aber sozial hat sich eben eine bestimmte Art durchgesetzt.
Gute Regeln helfen, das Miteinander zu erleichtern. Wo das Miteinander schwierig wird, sind entweder die Regeln ungeeignet oder die Regel wurde nicht richtig verstanden und angewendet. Etliche dieser Regeln sind nirgendwo niedergeschrieben – sie wurden in der Kindheit aufgenommen und werden meist ein Leben lang befolgt.
Es möglich, diese Regeln anders zu interpretieren, als es in der Kindheit geschehen ist. Realming bietet ein Modell von sozialen Situationen und wiederkehrender Interaktionen zwischen Menschen. Realming bietet Gelegenheit, sich seiner Regeln und deren Interpretationen bewusst zu werden. Mit Realming lassen sich neue Routinen finden, die das Miteinander erfüllender und angenehmer macht.

Wohin mit der Wut? Teil 3

wütende Frau

Wut und Rationalität

Gefühle stehen im Verdacht irrational zu sein, aber sind sie das wirklich? Rationales Denken ist ins Verhältnis setzendes Denken. Es erlaubt uns ein Urteil über einen Sachverhalt, indem es die beteiligten Komponenten zueinander ins Verhältnis setzt. Genau das macht auch ein emotionales Urteil. Im Falle der Wut – es wird Schmerz zugefügt, eine Grenze verletzt und das Urteil ist Aufforderung zu Protest und Widerspruch dagegen. Der Sachverhalt „Grenzverletzung“ wird ins Verhältnis zum eigenen Grenzbedürfnis gesetzt und das Urteil ist eindeutig. Gefühle können insgesamt als (Be)Wertungen für zwischenmenschliche Verhältnisse betrachtet werden. Furcht bei Bedrohung, Trauer bei Verlust, Scham bei schuldhaftem Verhalten usw.

Wut als Urteil

Ein Problem des Gefühlsurteils kann in seinem Ausdruck liegen – also wie gehe ich jetzt mit diesem eindeutigen Urteil um? Wie gesagt, die Wut treibt zu einem kraftvollen Ausdruck, der aber je nach Kontext unangemessen sein kann. Es ist also hilfreich, mit seiner Wut umgehen zu können, die Wut haben zu können und nicht von der Wut gehabt zu werden.
Wut, deren Anlass erkannt ist, „will“ dabei helfen, den Anlass zu beseitigen. Angriffe sollen abgewehrt, Angreifer unschädlich gemacht werden. Das Ziel der Wut ist Selbstbehauptung, das Bewahren der Autonomie und der Bewegungsfreiheit. Wut aktiviert den Körper und richtet ihn auf. Sie gibt den Impuls zur Grenzziehung und –Verteidigung.

Erfolglose Wut

Es gibt Machtungleichgewichte, die der angemessenen Wut keine Chance auf Erfolg geben. Eltern gegen Kinder, Vorgesetzte gegen Untergebene, Stärkere gegen Schwächere – die Grenzverletzung muss in Kauf genommen werden. Eine solche Niederlage hinterlässt ihre Spuren. Der Ärger muss abgewehrt werden, die Rachegelüste gezähmt und der Selbstwert reguliert. Vielleicht bekommt ein Schwächerer die Ladung ab oder der Groll wird in sich hineingefressen. Diese Situation begünstigt das „Irrational-Werden“ der Wut – sie richtet sich an die falschen Adressaten oder gegen sich selbst.

Wohin bloß mit der Wut? Teil 2

Aggressionen, Ärger, Wut und Zorn haben eine Schattenseite. Sie verfügen über das Potenzial gewalttätig und zerstörerisch zu werden. Diese Schattenseite wird durch verschiedene Umstände begünstigt. Dass Wut zuverlässig durch Schmerzen ausgelöst wird, habe ich bereits im ersten Teil dargelegt. Ein weiterer starker Auslösereiz sind Grenzverletzungen. Die „Territorien“ um die es dabei geht können unterschiedlicher Art sein.

Das Intim-Territorium

Zunächst das sog. „Intim Territorium“ – dieses betrifft den eigenen Körper. Wird dieser angegriffen, belagert oder in seiner Lebensführung frustriert, dann löst das Wut aus. Und es muss nicht einmal der eigene Körper sein, der davon betroffen ist, es genügt bereits Zeuge davon zu werden, dass einem anderen Menschen so ein Angriff widerfährt. Die dabei gefühlte Wut ist bestenfalls in der Lage, sich aus so einer Zwangssituation zu befreien. Im weiteren Sinn gehören auch die wichtigen Mitmenschen – Partner*innen, Kinder, Eltern, gute Freund*innen zum Intimterritorium. Angriffe auf diese sind quasi auch persönliche Angriffe.

Das Image

Ein anderes Territorium ist das Selbstverständnis, das Image, das jemand von sich hat und nach außen zeigt. Die meisten Menschen haben ein Selbstbild, das sie als verantwortungsvoll, liebenswert, kompetent oder auch hart, entschlossen und überlegen u.v.m. auszeichnet. In aller Regel bestätigen Mitmenschen diese Vorstellungen (man beachte die doppelte Bedeutung von „Vorstellung“). Auch hier gibt es die Variationen der Grenzverletzung. Direkter Angriff auf das Image, Verweigerung der Bestätigung oder das Festnageln auf einen Aspekt des Images. Solche Angriffe werden als sehr schmerzhaft erlebt. Der Ärger darüber kann bestenfalls dabei helfen, für sich einzustehen und den Angreifer in seine Schranken weisen.

Glaube

Noch ein Territorium besteht in den Weltbildern und Glaubenssystemen, die sich ein Mensch macht. Gläubige jeglichen Glaubens reagieren meist sehr empfindlich auf Kritik an diesem – sei es als Belustigung, als Abwertung, Ablehnung oder Ausgrenzung.

Ko-Territorien

Im sozialen Raum lassen sich auch Ko-Territorien beschreiben. Z.B. als Mitarbeiter in einer Firma in einem definierten Arbeitsbereich, der mit anderen Bereichen zusammenarbeiten muss. Auch hier können Rivalen eindringlich stören, durch Dauertratsch an der Arbeit hindern oder es entwickelt sich womöglich eine Mobbing Dynamik.

Für alle Arten von Grenzverletzung steht der/die Betroffene vor der Frage, was er nun mit seiner Wut anfangen soll. Die abwertende soziale Einschätzung von Wut beruht vor allem auf der oben erwähnten Schattenseite. Aber Wut ist nicht gleich Zerstörung oder Gewalt. Wut bewertet zutreffend eine Grenzverletzung als inakzeptabel und stellt die Energie bereit, sich dieser Verletzung entgegenzustellen und sein Territorium zu verteidigen und diese ist auch ohne Gewalt und Zerstörung möglich.

Wohin bloß mit der Wut? Teil 1

Wut - Teil1

Wut als typisch menschliches Gefühl

Wut gehört zu den sog. „kategorialen Grundgefühlen“, was so viel bedeutet, dass dieses Gefühl „bauartbedingt“ von allen Menschen gefühlt wird. Im Gegensatz zu älteren Theorien ist Wut, oder allgemeiner „Aggression“, kein Trieb. Das heißt, es gibt keine körperliche Quelle von aggressiver Energie, die nach Entladung sucht. Menschen können durchaus längere Zeit verbringen, ohne sich zu ärgern. Zuverlässig ausgelöst wird Wut allerdings durch Schmerz. Schmerzen, körperliche oder emotionale, aktivieren den angeborenen Ausdruck der Wut, der sich gegen den Peiniger richtet. Die Regeln, wie dieser Ausdruck erlaubt ist, sind kulturell und familiär bestimmt.

Wut und Grenzen

Wut hat also durchaus biologische Anlagen ist aber in ihrem Ausdruck sozial begrenzt. Die Vermittlung zwischen Emotion und sozialer Grenze ist die Aufgabe des Ichs. Was wir umgangssprachlich ein „Ich“ nennen bildet sich entwicklungspsychologisch um das sechste Lebensjahr herum. Die Erfahrungen vor dieser Zeit fließen in die Ich-Bildung ein und dazu gehören auch Erfahrungen, wie die Eltern und die weitere Gemeinschaft mit der Wut des Kindes umgegangen sind. Die Regeln, die aus den Erfahrungen abgeleitet wurden, sind bei der Ich-Bildung schon verinnerlicht, ohne dass sie zwangsläufig bewusst wären.

Erfahrungen der Wut

Der Möglichkeitshorizont, in dem sich Wut-Erfahrungen abspielen können lässt sich durch folgende Grenzerfahrungen skizzieren. Von der sozialen Seite her wurde der Ausdruck von Wut ermutigt und gelobt – oder – der Ausdruck von Wut war streng verboten und wurde bestraft. Man mag sich diese beiden Extreme am Anfang und Ende einer Glockenkurve vorstellen. Die allermeisten Erfahrungen liegen irgendwo dazwischen. Von der Seite des Wütenden aus betrachtet sind die Extreme – Wut wird erfolgreich ausgedrückt und führt zu einer Veränderung der Situation und – Wut wird ohnmächtig erfahren, die Situation setzt sich fort. Entsprechend den Bereichen, in denen der Mensch Erfahrungen gemacht hat, wird er eine „Routine“ im Umgang mit seiner Wut entwickelt haben.

Alltag der Wut

Diese Routinen haben eine körperliche Verwirklichung gefunden, eine psychische Einstellung und zugehörige Glaubenssätze. Körperlich kann der Energielevel insgesamt vermindert werden, einzelne Muskeln oder ganze Muskelgruppen können hypoton (zu schlaff) werden, oder einzelne Muskeln/Muskelgruppen werden hyperton (zu angespannt). Die psychische Einstellung mag mehr am Pol einer tyrannischen Dominanz oder eher an einer unterwürfigen Schwäche angesiedelt sein. Glaubenssätze formulieren die Überzeugungen – Wut ist schlecht/böse/gut/die einzige Möglichkeit etc.
Für jede Einstellung gilt, dass sie zufrieden mit den Erfolgen ist, welche die Glaubenssätze vorgeben. Allerdings dringt diese Zufriedenheit nicht zu den körperlich-psychischen Schichten vor. Dort gilt der Ausdruck von Ärger dann als erfolgreich, wenn er zur Veränderung in der Beziehung geführt hat. Frieden um des Friedens willen ist dabei genauso unpassend wie die Vernichtung des Gegenübers.

Realming und Kommunikation

Realming ist Selbsterfahrung mit System. Eine weitere Säule dieses Systems ist die Kommunikation. Nun findet Kommunikation laufend statt. Bereits Babys kommunizieren und wenn man Paul Watzlawick glauben mag, dann kann man gar nicht nicht kommunizieren – jedenfalls dann nicht, wenn man in Sichtweite eines anderen Menschen ist.
Die Frage, was Kommunikation überhaupt ist und wie sie funktioniert, ist Gegenstand zahlreicher Wissenschaftsdisziplinen – Psychologie, Philosophie, Semantik, Linguistik, Semiotik, Systemtheorie und noch einige andere. Als gemeinsames Ergebnis könnte man feststellen, dass Kommunikation ein sehr komplexes Phänomen ist und dass sie qualitativ unterschiedlich auftritt. Das bedeutet, dass es mehr oder weniger erfolgreiche Möglichkeiten gibt, sich mit anderen zu verständigen.
Das führt zu Fragen nach den Kommunikationsfähigkeiten, die eine Verständigung begünstigen. Neben technischen Fähigkeiten, wie sie z.B. die „Metakommunikation“ von Friedemann Schulz von Thun, oder die „Gewaltfreie Kommunikation“ von Marshall B. Rosenberg lehren, gibt es auch persönlich-biografische Aspekte, die die Kommunikationsmöglichkeiten färben.

Kontakt

Diese biografischen Muster zeigen sich als Interesse an Kontakt. Wie interessant erscheint die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen? Erscheint es überhaupt wünschenswert, sich einem Gesprächspartner zuzuwenden, sich ihm zu öffnen? Falls dieses Interesse eingeschränkt ist, mögen die Erfahrungen der Kindheit – z.B. Desinteresse der Eltern, eingeschränkte Gefühlsäußerungen, unzureichende Spiegelung – ihren Teil dazu beigetragen haben.

Verstehen fremder Affekte

Auch die Fähigkeit, die Gefühle des Kommunikationspartners zutreffend und mit Interesse wahrzunehmen, steht auf biografischen Füßen. Was gesagt wird soll so verstanden werden, wie es gemeint ist. Das Gemeinte ist dabei in der Regel emotional gefärbt. Wenn die Emotion nicht oder falsch verstanden wird, werden Missverständnisse deutlich wahrscheinlicher. Nebenbei bestätigt sich dabei die Erfahrung, dass Kommunikation nichts Erstrebenswertes ist.

Mitteilung eigener Affekte

Die Gefühle von anderen Menschen wahrnehmen zu können, korrespondiert mit der Wahrnehmungsfähigkeit für die eigenen Gefühle. Auch diese Fähigkeit kann biografisch erschwert sein. Gefühle brauchen Mitgefühl, sie müssen einen Wiederhall im Anderen finden, damit sie zutreffend identifiziert werden können. Wer als Kind häufig die Erfahrung macht, dass sich niemand für seine Gefühle interessiert, oder dass sich die Anderen über die Gefühle des Kindes lustig machen, verliert leicht die Lust, sich anderen Mitzuteilen.
Dabei sind Gefühle gewissermaßen das Salz in der Suppe der Kommunikation. Gefühle stellen subjektive Bewertungen von Situationen und Umständen dar. Sie sagen aus, wie es jemand findet, dass dies oder jenes geschehen ist. Ohne diese Zutat wird die Kommunikation schwierig. Gemeinsam etwas zu machen – was eine ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Kommunikation“ ist – wird fast unmöglich.

Reziprozität

Eine gelingende Kommunikation erzeugt ein Wir-Gefühl. Die Partner sind wechselseitig aufeinander bezogen. Um zu diesem Wir zu kommen, braucht es die Bemühungen beider Beteiligter – Gemeinsamkeit entsteht nicht von allein. Die Fähigkeit und das Interesse, sich auf einen Kommunikationspartner einzuschwingen ist die Voraussetzung dafür. Dass auch diese Fähigkeit in der Kindheit mehr oder weniger gut erlernt wurde liegt nahe. Wer als Kind nicht selbst erlebt hat, dass andere sich auf ihn einschwingen, wird sich für das „Wir“ eher wenig interessieren.
Hilfreich ist für die Gegenseitigkeit auch eine gewisse Flexibilität. Situationen können sich ändern und Mitmenschen haben Launen und Tagesformen. Günstig für die Kommunikation ist es, wenn der Partner sich auf Launen und Kontexte einstellen kann. Kindheitserfahrungen wie stereotype Kommunikationen, oder Kommunikation unter Vorbehalt (z.B. nur wenn Du nett bist, rede ich mit Dir.), erschweren diese Fähigkeit.
Die vielleicht größte Herausforderung in kommunikativen Situationen ist wohl ein Konflikt. Gegenläufige Interessen, unterschiedliche Standpunkte, abgelehnte Bitten oder Forderungen bringen Enttäuschung, Ärger, Angst oder Trauer ins Spiel. Mit diesen Gefühlen umgehen zu können, Ihnen einen angemessenen Ausdruck geben zu können ist nicht einfach und nicht unmöglich. Unterstützt wird die Konfliktfähigkeit durch Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung und Fremdwahrnehmung.

Die „Säulen“ von Realming sind wohl eher Stränge, die sich gegenseitig stützen und verstärken.