Immer wieder überraschend, welche Begriffe aus der Stille auftauchen.
In meinem Leben spielt Entwicklung eine große Rolle. Bereits als Kind mit klaren Zielvorstellungen, wie ich als Erwachsener sein möchte – allerdings eben kindlichen Vorstellungen. Mein Denken und Handeln an Entwicklung hat sich mit dem Alter weiter entwickelt. Äußere Ziele haben sich verschoben, innere Ziele, sich verfeinert. Und letztlich muss ich nun einen Frieden mit der autonomen Entwicklung meines Lebens machen.
In meiner Familie entwickeln sich die Verhältnisse ebenfalls autonom. Allerdings nicht nur. Mit meiner Liebsten kommen immer wieder Themen der Entwicklung, auch Anpassungen an autonome Veränderungen, auf. Mit meiner Tochter, die sich gerade gewaltig entwickelt, fällt mir das Reden darüber nicht so leicht.
Die Entwicklungen der sozialen Welt besorgen mich sehr. Seien es die Klimaveränderung oder die Polarisierung der politischen Lager oder der Image-Kampf der „großen Nationen“.
Körperlich spüre ich den Begriff wie ein Zurückweichen. Als würde ich mich innerlich ganz an meine Rückseite begeben. Der Blick fühlt sich etwas misstrauisch an und die Arme etwas schwach.
Emotional fühle ich ein „Au Ja!“ in der Brust und den Schultern. Die Augen werden neugierig, mein inneres Tempo nimmt zu.
Ich denke, dass Entwicklung eigentlich ein häufig falsch verwendeter Begriff ist. Was mit einem Lebensimpuls beginnt wird in gegebene Umgebungen eingewickelt. Die autonome biologische Entwicklung erfährt eine soziale Herausforderung, eine Auswahl von Möglichkeiten, an die es sich anpassen kann und muss. Entwicklung wäre dann die Auseinandersetzung mit dieser biografischen Einwicklung (gewissermaßen eine Auswicklung) und die mögliche Erkenntnis und Erfahrung von Alternativen. Entwicklung – gemeint als Veränderung in der Zeit zu einer abschließenden Gestalt – ist so ein biologischer Begriff, der im sozialen Feld den fatalen Irrtum begünstigt, dass eine soziale Entwicklung eine abschließende Gestalt finden könnte. Daran glaube ich nicht.
Je älter ich werde, desto differenzierter werden meine Erreichungsziele. Immer weiter möchte ich meine Achtsamkeit mit mir und anderen entwickeln – natürlich durch Praxis! Ich würde auch gerne etwas zur positiven und lebensbejahenden Entwicklung der Gesellschaft beitragen – hier habe ich noch Entwicklungspotenzial.
Eine Angst im Hintergrund besteht in der Befürchtung, dass meine Entwicklungen letztlich zu schwach, vergeblich und bedeutungslos sind. Groß bleiben der Wunsch und die Hoffnung, dass alles gut werden möge.
Der für mich bedeutsamste Schritt bestünde wohl darin, mich in das politische Leben einzumischen, meine Beiträge darin zu leisten und eine Entwicklung zu unterstützen, die das Leben bewahrt.
Ein solches Engagement würde sich gewaltig auf mein Leben auswirken. Diesen Gedanken nehme ich oft, wenn ich vor der Wahl stehe, mich politische zu engagieren – woher soll ich die Zeit nehmen? – auf welche andere Aktivität dann verzichten?
Entwicklung hört niemals auf und Entwicklung führt nicht immer zum Besseren. Die Unterschiede zwischen autonomen, sozialen und persönlichen Entwicklungen klarer zu fassen – das Mögliche zu entwickeln und das Unvermeidliche akzeptieren zu lernen erscheinen mir als sinnvolle persönliche Entwicklungsziele.