Mittelbare Hilfs-Bedürfnisse
Die Aktivierung und die Erfüllung/Nicht-Erfüllung der angeborenen Bedürfnisse finden in Beziehungsräumen statt (die in soziale Kontexte eingebunden sind). Auf dem Weg zum Spracherwerb werden die Erfahrungen mit den Bedürfnissen von Gefühlen begleitet. Gefühle helfen uns, uns in der Welt zu orientieren. Sie informieren uns darüber, wie wir etwas finden. Unter anderem informieren sie uns auch darüber, ob ein Bedürfnis gestillt wurde oder unerfüllt geblieben ist.
Davon ausgehend, dass die Bedürfnisse angeboren und lebensnotwendig sind, wird es plausibel, dass nicht erfüllte Bedürfnisse starke Gefühle auslösen. Die An- und Aufnahme der Gefühle durch eine Bezugsperson wird so ein mittelbares Bedürfnis, bevor das eigentliche Bedürfnis erfüllt werden kann. Man könnte auch sagen, dass es ein Bedürfnis nach emotionaler Aufnahme, ja nach Mitgefühl gibt.
Die „Sprache“ der Gefühle muss allerdings zunächst erlernt werden. Dazu braucht es einen genügend kompetenten Mitmenschen, der die Gefühle zutreffend erkennt, sie benennt, aufnimmt und mit kleinen Veränderungen zurückspiegelt, also ein Mensch, der zu Resonanz fähig ist.
Verletzte Bedürfnisse
Verletzte, unerfüllte Bedürfnisse lassen sekundäre, bzw. mittelbare Bedürfnisse entstehen. Aber die Befriedigung der sekundären Bedürfnisse kann nicht gleichzeitig das eigentlich frustrierte Bedürfnis stillen. Wenn z.B. das Bedürfnis nach Integrität, also Unversehrtheit verletzt wird – sei es durch einen Unfall, durch Gewalt oder Bedrohung, so wird das Gefühl der Angst auftauchen. Bezugspersonen sind nun aufgefordert, die Bedrohung abzuwehren, für Schutz zu sorgen, die Verletzung zu behandeln.
Eine angemessene Versorgung dieser Verletzung wird dann kaum Spuren hinterlassen und wenn, dann nur die Erfahrung, dass es Hilfe und Unterstützung gibt. Aber was, wenn keine angemessene Versorgung geboten wird? Dann wird sich tendenziell eine verlängerte Suche nach Versorgung und Schutz einstellen. Ein mittelbares Bedürfnis kann entstehen, das, statt nach (autonomer) Integrität, nach Schutz und Versorgung durch andere sucht.
Mittelbare Bedürfnisse
Solche mittelbaren Bedürfnisse können in allen neun Bereichen entstehen, wenn, v.a. während der Kindheit, große Frustrationen erfahren werden. Sie können ein großes Hindernis auf dem Weg zu einem befriedigenden Leben werden. Sie können das Verhältnis zum eigenen Leib ebenso beeinträchtigen, wie das Beziehungsleben und die soziale Teilhabe.
Jedes Mal, wenn ein mittelbares Bedürfnis befriedigt wird, bleibt ein schaler Geschmack zurück. > OK, ich wurde beschützt, getröstet, bekam Hilfe, Halt und Trost, Zuwendung, Erläuterung, Aufmerksamkeit und Erklärungen, aber ich bin unfähig, mit gleicher Münze zurückzuzahlen – ich bleibe bedürftig, fühle mich klein, schwach und hilflos <
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Der Weg zurück
Der Grad und das Ausmaß einer solchen Belastung sind natürlich sehr verschieden von Mensch zu Mensch. Und die gute Nachricht ist, dass die angeborenen Bedürfnisse noch da sind. Dass Problem ist nur, dass ihre Erfüllung nicht mehr erkannt werden kann. Die Ruhe der Sicherheit, die Befriedigung des Fließgleichgewichts, der Stolz der Selbstwirksamkeit, die Erfüllung einer Bindung, der Genuss der Gegenseitigkeit, das Berührt-Sein von Aufrichtigkeit, die Würde der Zugehörigkeit, die Verantwortung der Mitbestimmung, die Klarheit der Ordnung.