Die aktuelle Situation vor der Wahl treibt mich wohl um – kaum habe ich die Augen geschlossen, taucht dieses Thema auf.
Wählen muss ich täglich in meinem Selbstumgang – was koche ich zum Mittagessen? Um welches Projekt kümmere ich mich jetzt? Und vieles mehr. Ich bin kein besonders entscheidungsfreudiger Mensch und meine Wahlmöglichkeit, erscheint mir mitunter als Qual.
Mit meinen Lieben habe ich bereits eine Wahl getroffen – ich habe „Ja“ zu uns gesagt. Aber der gemeinsame Alltag bringt ebenfalls viele Wahlmöglichkeiten mit sich. Die gemeinsame Wahl der Wochenendmahlzeiten, die Ausflugs- oder Urlaubsziele, welcher Film, auf welche Party usf. Ich verdanke meiner Frau eine Menge Lektionen darin, meinen Standpunkt vertreten zu müssen.
Im sozialen Raum des Alltags muss ich z. B. wählen, wie ich mich, zu welchem Anlass kleide, welchem Anlass ich überhaupt Beachtung schenken mag, welchen Ansprüchen an mich, ich folgen mag und gegen welche ich mich wehren will. Ich bin mit meiner Freiheit konfrontiert und mit den sozialen Regeln, die dieser Freiheit Grenzen setzt.
Wenn ich den Begriff der „Wahl“ mit meinen Empfindungen erforsche, bemerke ich einen Druck auf der Brust. Meine Augen wollen nach unten sehen und die Atembewegung verengt sich. Ich bekomme kalte Füße.
Emotional ist das begleitet von einer unbestimmten Furcht und einer gewissen Verlegenheit.
Ich denke Wahl, bzw. Wahlmöglichkeit ist ein Ausdruck von Freiheit und damit von Verantwortung. Keine Wahl zu haben erscheint mir wenig erstrebenswert und wählen zu müssen, bringt die Furcht vor der falschen Entscheidung mit sich.
Ich bemerke, dass ich eine Menge Hoffnungen und Ängste rund um das Wählen hege. Hoffnung, dass ich selbst die richtige Wahl treffe, bzw. treffen werde; Angst, dass das nicht der Fall ist oder sein wird. Ebenso Hoffnungen und Ängste, dass ich selbst gewählt, bzw. nicht gewählt werde.
Meine Ziele bezüglich meiner Wahlen laufen dahin, dass ich möglichst mit Herz und Verstand wähle, mir und den Umständen angemessen, möglichst klug und mitmenschlich.
In der Abschlussstille fühle ich mich leichter – ich verspüre so etwas, wie einen Frieden damit, dass ich die Konsequenzen meiner Wahlen nur bedingt absehen kann – ich kann meine Freiheit wieder deutlicher spüren.
P.S. Ich werde zur Wahl des Deutschen Bundestags gehen und meine Wahl treffen. Ich denke, dass die Ausübung des Wahlrechts an sich, ein „Ja“ zum demokratischen System ist, eine Art zu bezeugen, dass mir Demokratie wichtig ist.