Menschliches Sein ist entscheidendes Sein – so hat sinngemäß Viktor Frankl seine Menschenkunde kurz ausgedrückt.
In meinem Umgang mit mir selbst entscheide ich, was ich wann esse, wann ich ins Bett gehe, wie lange ich meditiere oder blödes Zeugs mache. Tatsächlich kann ich jede meiner Handlungen als meine Entscheidung sehen und ich versuche tatsächlich auch, das so zu sehen. Allerdings sind zahlreiche Alltagsentscheidungen in Routinen verborgen, die mir nicht immer bewusst sind. Routinen sind so gesehen Entscheidungen von gestern und vorgestern, die ich seither nicht mehr hinterfragt habe.
In meinem nahen Umfeld muss ich meine Entscheidungen verantworten. Warum habe ich jenes getan oder dieses unterlassen? Und dann gibt es das weite Feld der gemeinsamen Entscheidungssuche – z.B. was wollen wir am Wochenende kochen? Natürlich dringen auch die Entscheidungen, die ich für mich getroffen habe, in diesen Raum ein und ich muss sie dort womöglich begründen.
Im weiteren Umfeld bin ich sehr viel mehr mit Entscheidungen anderer konfrontiert und es gibt da eine Menge von Entscheidungen, die mich betreffen, an denen ich keine Mitsprache hatte und die mir nicht unbedingt gefallen. Na ja, bald ist Landtagswahl, da wird meine Stimme ein ganz klein wenig zählen.
Auf der Empfindungsebene spüre ich bei dem Begriff sofort einen Bewegungsimpuls. Mein Rumpf und Kopf gehen in eine Links-Rechts Bewegung. Das geht einher mit subtilen Gefühlen von Not, Furcht und Trauer. Ich habe Angst davor, mich falsch zu entscheiden, für meine Entscheidung beschimpft zu werden und das möchte ich auf dieser Ebene ganz bestimmt vermeiden.
Auf der kognitiven Ebene ist mir klar, dass ich ein Vermeidungsziel nicht erreichen kann.
Ich denke, dass Entscheidungen und Verantwortung sehr eng beieinander liegen. Weil es mir unmöglich ist, in die Zukunft zu sehen, weiß ich nie, was aus meiner heutigen Entscheidung wird. Wird sie zu dem führen, was ich erwarte oder wird etwas Unvorhergesehenes meine Entscheidung als ungut entlarven? Ich denke Viktor Frankl hat mit seinem Satz etwas Wichtiges ausgedrückt und während ich dies schreibe, bekomme ich Lust, mir noch mehr Gedanken dazu zu machen.
Ich hoffe natürlich, dass ich mit meinen Entscheidungen richtig liege, dass sie dahin führen, wohin ich kommen wollte. Aus Erfahrung weiß ich, dass ich nicht entscheidungsfreudig bin und verbinde das mit der Befürchtung, einen Fehler zu begehen.
Ein Erreichungsziel zu formulieren fällt mir schwer. Die ungewisse Zukunft bleibt mit Entscheidungen verbunden und ich wünsche mir vielleicht manchmal, dass ich mich leichter entscheiden könnte, aber irgendwie hätte ich dann keine Zeit mehr abzuwägen, was denn nun die sinnvollste Entscheidung sein könnte. Ein Schritt für mich wäre wohl, mir dafür keine Vorwürfe zu machen, mich in meiner häufigen Unentschiedenheit zu versöhnen, bzw. klarer unterscheiden zu können, wann ich mich aus einer alten Furcht heraus nicht traue, mich zu entscheiden und wann es situativ nicht so einfach ist.
In der Abschlussstille komme ich in Kontakt mit der großen Freiheit, die ich als entscheidender Mensch besitze – ein großes Gefühl, mit dem ich vielleicht öfter in Kontakt treten könnte, wenn ich mich mal wieder entscheiden muss.