Menschliches Da-Sein und Bewusstsein kann als beseelter Raum verstanden werden. Da wo ein Mensch ist, der sich selbst und seines Raumes bewusst wird, kann Handlungsfreiheit entstehen.
Welche Räume lassen sich beseelen, welche müssen vielleicht beseelt werden, um zu so etwas wie Freiheit zu gelangen?
Realming unterscheidet die drei Bereiche von „Ich mit mir“, „Ich mit dir“ und „Ich mit euch“. Diese Bereiche besitzen schon raumartige Dimensionen in dem Sinn, dass sie unvermeidliche Umgebungen darstellen. Eine differenziertere Betrachtung veranschaulicht die Möglichkeiten, Freiheiten zu gewinnen.
Dies ist der dritte Beitrag einer fünfteiligen Serie über diese Möglichkeiten.
3. Der geteilte Raum
Als Menschen sind wir sozial bestimmt – Menschen sind soziale Lebewesen. Das bedeutet, dass wir vom Beginn des Lebens an, immer auch unser Leben mit anderen teilen müssen. Sei es in Beziehungen, in Ehen und Familien, in WGs und Gruppen, Teams oder Firmen.
Als Teilnehmer einer Beziehung haben wir eine seltsame Doppelrolle. Wie sind gleichzeitig Hülle und Inhalt der Beziehung, bestimmen darüber mit, ob die Beziehung aufrechterhalten wird und darüber was in ihr geschieht. In aller Regel profitieren wir von Beziehungen. Sie gewähren uns Schutz, Identität und Aufmerksamkeit. Allerdings fordern sie auch den Gehorsam für die Beziehungs- oder Gruppenregeln.
Die Doppelrolle kann uns lange Zeit verborgen bleiben. Als Kinder sind wir in ein Beziehungsgeflecht hineingeboren worden. Wir waren alle einmal klein, schwach und einer Pflegeperson bedürftig, die für uns gesorgt hat. Erst allmählich wachsen unsere Möglichkeiten, diese Beziehung mitzugestalten, unsere Wünsche und Impulse in sie einzubringen. Dabei spielen unsere Aufmerksamkeitswünsche eine große Rolle – sie motivieren uns mit, unsere Fähigkeiten zu entwickeln.
Die Gemeinschaftsräume von Kitas, Schulen und weiteren Ausbildungsstätten stellen uns vor neue Herausforderungen. Konkurrenz, neue Regeln, Rollenzuweisungen, Aufgaben u.v.m. Der Aufenthalt in so einer Gruppe ist so wenig gewählt, wie die Familie, in die man geboren wurde. Und auch hier suchen wir Aufmerksamkeit und entwickeln Handlungsmöglichkeiten, erwerben neue Fertigkeiten.
Spätestens mit der Volljährigkeit bekommen wir so etwas wie eine Wahlfreiheit für eine Beziehung. Wir können uns unsere Freunde, Liebespartner, Cliquen, Clubs aussuchen. Allerdings geschieht dieses Aussuchen häufig so, als würde es uns zustoßen. Wir lernen jemanden kennen und eine Beziehung entwickelt sich. Wir interessieren uns für eine Sportart und treten einem Verein bei; wir wählen eine Berufsausbildung und eine entsprechende Institution.
Freiheiten im geteilten Raum entstehen durch ein Ja zur Beziehung mit dem Recht, sie zu verlassen. Mit dem Ja entsteht die Möglichkeit, die Beziehung mit zu gestalten, Veränderungen einzufordern und sie zu verhandeln. Realming bietet Übung und Praxis darin, seine Rolle und sein Mitwirken in einer Gruppe stimmig zu gestalten.