Vergebung – vergeblich

Vergeben und Vergebung tauchen aus der Stille auf. Mir selbst vergeben ist keine leichte Übung. Ich mache Fehler, manchmal sind mir schlimme Fehler unterlaufen – weniger aus Bosheit, als aus Unachtsamkeit – trotzdem, ich konnte und kann mir nicht so leicht vergeben.

Aus meiner Herkunftsfamilie ist Vergebung für mich gewissermaßen ein Un-Thema. Meine Eltern haben mir vieles vergeben und ich ihnen mittlerweile auch. Ich merke trotzdem, wie viel Anstrengung es mich kostet, zu vergeben, selbst bei Kleinigkeiten.

Vergebung im Sozialen fällt mir mittlerweile leichter. Ich denke nicht mehr so stark in Gut-Böse Kategorien. Die Ungerechtigkeiten und Schurkereien, deren täglicher Zeuge ich bin, triggern zunächst meine Rachsucht, meinen Zorn und meine Empörung. Wie kann ich den Schurken dieser Welt vergeben? Muss ich das überhaupt – oder ist mein „heiliger Zorn“ vielleicht sogar hilfreicher? Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass mein Brodeln im Zorn mir nicht gut tut.

Körperlich fühle ich, wie sich mein Brustraum, mein Herz zusammenzieht. Damit verbunden ist Schmerz und tiefe Trauer – im Hintergrund auch Wut.

Ich denke, dass Vergebung eine positive Kraft und Fähigkeit ist. Vergebung kann verkrustete Konflikte schmelzen, den kalten Hass in warme Trauer verwandeln. Ich denke, es braucht viel Kraft und Selbstvertrauen, um diese Verwandlung anzugehen. Das Verharren in Schmerz und Verletzung wird immer nur neuen Schmerz und neue Verletzung hervorbringen, aber Vergebung lässt sich nicht herbei denken oder gar befehlen. Die Opfer der Verletzung brauchen ihre Zeit, um zu ihren Möglichkeiten des Vergebens finden zu können.

Ich hoffe, dass meine Bemühungen, vergeben zu könne, Erfolg haben werden. Dass ich auch mit kleinen Schritten dahin komme, meine Verletzungen nach und nach zu verwandeln.

Ich möchte gerne erreichen, dass ich dieser Einsicht täglich folgen kann. Und mein nahes Umfeld gibt mir dazu auch genügend Gelegenheit.

Vergeblich ist der Wunschtraum der Entschädigung, des Ungeschehen-Machens. Vergebung folgt dem Fluss des Lebens.

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