Asyl
Die Berichterstattung über die große Anzahl von Asylbewerber*innen überflutet auch meinen medialen Alltag. Bis gestern habe ich noch keine*n persönlich kennengelernt und in meinen Alltag sind noch keine Flüchtlinge aufgetaucht.
Mit meiner Liebsten habe ich schon öfter darüber gesprochen, dass wir gerne etwas tun würden, um diesen notleidenden Menschen zu helfen und wir sammeln jetzt immerhin schon Infos, wo man sich wie einbringen kann.
Das ist jetzt das soziale Projekt, die Menschen dabei zu unterstützen, Deutsch zu lernen.
Wenn ich mit dem Thema in meine Körpersphäre spüre, empfinde ich einen Druck, der von vorne auf meinen Oberkörper und meinen Kopf wirkt. Ich assoziiere das mit Überwältigung und einer Ahnung von Hilflosigkeit, die bis zur Ohnmacht reichen könnte.
Emotional steht im Vordergrund die Trauer darüber, dass so viele Menschen ihre Heimat aufgeben mussten – und im zweiten Nachspüren auch wieder Zorn auf die Menschen, die mit ihren Gewaltakten diese Menschen entwurzeln.
Ich denke, dass es die Menschlichkeit gebietet, Asyl zu gewähren und weiter, dass es nicht damit getan ist, ein paar Zelte hinzustellen oder Lager bereit zu machen, in denen die Menschen dann „aufgefangen“ werden. Ich denke, dass ich ebenfalls dazu aufgerufen bin, aus meiner Passivität zu erwachen.
Wenn ich tatsächlich erreichen könnte, einen gewissen Zeitaufwand für die Unterstützung der Asylant*innen aufzubringen, wäre das auch ein Erfolg für mich – Zeit, die ich sinnvoll verbrächte. Ich wäre ungern in der Position des Klagens über die Umstände und des Versagens der Behörden und säße dabei bequem auf meinem Sofa.
Für wünschenswert halte ich, dass die Volksvertreter*innen, vom Gemeinderat bis zum Präsidenten, Klartext sprechen würden – nicht polarisierend oder dramatisierend, aber ihren Wähler*innen die Wahrheit zuzumuten, dass es einen langen Atem braucht, bis diese Herausforderung halbwegs gemeistert wird. Dass in der Situation sowohl Chancen als auch Risiken liegen, dass Integration vor allem Kontakt und Kommunikation braucht. Ich fürchte die radikalen „kommt doch alle zu uns“ Protagonist*innen ebenso wie die radikalen „bleibt wo ihr herkommt“ Rufer*innen.
Ein Schritt für mich wäre es, meinen Plan umzusetzen und im Laufe der nächsten Wochen einen Tandem-Sprach-Kontakt aufzubauen. Ich vermute, dass ich mich dadurch bereichert fühlen würde – Kontakt zu einer anderen Kultur, einer anderen Sprache, einer anderen Sozialisation. Sicher wird es eine Herausforderung für meine Vorurteile gegen dunkelhäutige Menschen, gegen Kopftuchträgerinnen, gegen Menschen, die eine andere Distanz als ich bevorzugen.
Ach ja und dann noch der andere Glaube – Gott ist, was man daraus macht!