Stille – gestillt

Dieser Blog heißt: „Aus der Stille am Montagmorgen“. Montagmorgens sitze ich vor dem Computer und suche die Stille in mir – was ich immer wieder auch recht anspruchsvoll finde. Wenn es mir gelingt, in mir Stille zu finden, finde ich damit auch einen Augenblick Ruhe, einen Moment von Einklang, von einfachem Sein.

Die Stille mit meiner Liebsten ist manchmal zweideutig – haben wir uns gerade nichts zu sagen? Oder erleben wir einen Moment von Eintracht? – Nein, eigentlich lassen sich die beiden Situationen gut unterscheiden. Und auch mit anderen nahen Menschen gab und gibt es diese Momente der einträchtigen Stille.

Im sozialen Kontext kenne ich das peinliche Schweigen – aber das ist keine Stille, denn innerlich bin ich dann eher aufgeregt. Schöne gemeinsame Stille habe ich schon beim gemeinsamen Meditieren erlebt – hier bekommt die Stille auch eine besondere Kraft.

Körperlich verbindet mich die Stille mit friedfertiger Gegenwart – ich kann mich lassen, genauso, wie ich gerade bin. Vielleicht bin ich etwas verkrampft, vielleicht tut mir etwas weh oder ich fühle mich gerade sehr entspannt – alles ist gut, so wie es ist. Wenn nur nicht der „busy mind“ so vehement die Stille stören wollte.

Emotional komme ich zur Ruhe, bzw. zu einem Abstand zu meinen Gefühlen. Stille kann ich auch mit unguten Gefühlen aufsuchen. Gerade weil ich mich in mancher Hinsicht so verletzlich fühle, hilft mir die Stille, mich auch so anzunehmen.

Meine Gedanken zur Stille speisen sich aus der Zen-Buddhistischen Tradition. Aus der Stille erwacht/erwächst ein präsenter Geist, der im Einklang mit dem Tao/Do mitfließen kann. Neurologisch wäre das vielleicht so etwas wie ein Theta-Wellen-Zustand, bzw. eine Synchronisierung von linker und rechter Hirnhemisphäre. Seit ich die Idee von einer möglichen Stille kenne, fasziniert sie mich jedenfalls.

Stille zu erreichen ist für mich erstrebenswert. Meine Erfahrungen damit schätze ich als wertvoll und hilfreich ein. Mein Eindruck ist, dass ich dadurch einen klareren Blick auf mich und mein Welt bekomme. Leider kann ich (noch?) nicht verhindern, dass immer wieder mein busy oder mein gossip mind, lärmend in meine Stille einbrechen. Natürlich bin ich kein Mönch und so brauche ich die meiste Zeit des Tages auch ein Alltagsbewusstsein, das mir hilft, meine Geschäfte und Jobs zu erledigen.

Meine Hoffnung richtet sich darauf, dass die Übung der Stille mich immer präsenter werden lässt, es mir erlaubt, ganz bei mir zu sein und damit auch offener und bereit für schöne Begegnungen zu werden.

Schritte in diese Richtung ist meine tägliche Meditationspraxis und Experimente in Alltagssituationen – mich immer wieder ein Stück weit mit meiner Stille zu verbinden und sie als Kraft-Ort meiner einmaligen Existenz zu nutzen – Vor allem auch dann, wenn es mir nicht gelingt, die Stille zu finden und mein Bedürfnis nach Einklang nicht gestillt ist.

Zuversicht – unverzichtbar

Meine Stille am Montagmorgen gebiert manch überraschenden Gedanken – heute tauchte Zuversicht auf.
Zuversicht suche ich in meinem Selbstumgang vor allem im Hinblick aufs Älter-Werden. Ich versuche zuversichtlich zu sein, dass ich halbwegs gesund und geistig fit durch meine Altersphase gehen kann. Inzwischen tue ich auch einiges dafür, dass sich die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht. Ich bemerke dabei auch, dass ich mich gerne mit Wunschgedanken beruhige.
Bezüglich meiner Liebsten, meiner Kinder, Enkel und Eltern pflege ich eine blinde Zuversicht – es wird schon alles gut werden und so bleiben.
Bedroht ist diese Zuversicht durch die lokalen und globalen Entwicklungen, die sich wie eine bedrohliche Wolkenfront in mein Gesichtsfeld schieben. Wenn ich mich lokal noch auf eine tatkräftige und hilfsbereite Mitbevölkerung beziehen und mich mit ihr beruhigen kann, dann wird die Zuversicht immer schwieriger, je weiter weg mein Blick schweift – aus der Wolkenfront wird eine Art Hurrikan.
Wenn ich nach der körperlichen Resonanz von Zuversicht suche spüre ich widersprüchliche Empfindungen. Mein Brustraum mag sich weiten und öffnen, aber meine Augenlider werden so schwer, dass sie den Kopf nach vorne und unten ziehen. Meine Arme fühlen sich schwach an.
Wenn es mir gelingt, plausible Zuversicht zu finden breitet sich eine wohliges Gefühl aus, ich fühle mich weicher, freundlicher und eben zuversichtlicher werden.
Gedanklich befinde ich mich zwischen den Polen der Zuversicht und eines skeptischen Realismus. Ich wünsche mir so sehr, dass alles gut werden möge, denke aber auch, dass das eben kaum möglich sein wird. Dabei drücken vor allem die ferneren und übermächtigen Entwicklungen wie die Umweltkrise, die kriegerischen Konflikte oder die technische Entwicklungen – Big Data, Genmanipulation, Landwirtschaftsindustrie – auf meine Stimmung und trüben damit auch meine Zuversicht für die näheren Bereiche ein.
Ich bemerke, dass ich Zuversicht häufig als Vermeidungstaktik verwende, damit ich nicht die Ohnmacht fühlen muss, in der ich mich erlebe. Zu erreichen wäre für mich, dass ich meinen Einflussbereich so nutze, dass die Chancen besser werden, dass es gut weitergehen kann.
Meine Hoffnungen und Ängste bewegen sich gerne zwischen schwarz und weiß. Hier eine Sensibilität für die Grautöne zu entwickeln wäre wohl hilfreich.
Ein konkreter Schritt für mich ist sicher, meinen Blick auf mögliche und konkrete Erreichungsziele zu üben. Zuversicht, dass mein Kind die Schule gut schaffen wird, dass ich etwas dazu beitragen kann, indem ich sie ermutige und für sie da bin, wenn sie mich braucht. Überhaupt meinen Blick dafür zu sensibilisieren, wenn in meinem näheren Umfeld, sich jemand Sorgen macht, vor einem Hindernis steht oder an sich zweifelt.
Ich denke, dass ich damit auch für mich selbst mehr Vertrauen in meine Zuversicht finden kann und die Balance mit einer realistischen Sichtweise gelingt.
So betrachtet erscheint mir Zuversicht als etwas ausgesprochen positives.

Dem Erfolg folgen

Erfolgreich-Sein ist ein Credo der modernen/postmodernen Zeit in der westlichen Kultur. Erfolg ist auch ein individuell erlebter Zustandsmoment im Fluss der Lebenszeit.
Mit mir selbst erlebe ich Erfolg, wenn ich meine, mir selbst auferlegte, Disziplin aufbringe und täglich meditiere, meine Körperübungen mache und meinen Genussmittelverbrauch einschränke.
In meinem familiären Kontext finde ich Erfolgserlebnisse, wenn es mir gelingt, mich auf meine Liebste und/oder meine Tochter einzuschwingen und Momente der Gemeinsamkeit mit ihnen erlebe.
Im sozialen Kontext bedeutet für mich Erfolg Zugehörigkeit, Anerkennung und finanzieller Gewinn.
Die Misserfolge sind in allen Fällen die Gelegenheiten, in denen es mir nicht gelingt, diese Momente zu erreichen.
Körperlich spüre ich Erfolgsmomente als eine Aufrichtung der Wirbelsäule. Ich bekomme besser Luft, denn die Rippenmuskulatur entspannt sich und ein Lächeln legt sich auf mein Gesicht.
Emotional fühle ich Zufriedenheit, Stolz und Zuversicht.
Ich denke, dass Erfolge mindesten drei Bewertungsebenen haben. Am tiefsten die biologisch existenzielle, die Erfolge nach erreichter Sicherheit, sicherer Bindung und sozialer Akzeptanz bewertet. Weiter die intrinsische Motivation, das, was mir ganz persönlich am wichtigsten erscheint. Diese inneren Bewertungen begegnen einer sozio-kulturellen Bewertung, einer Bewertung, die den Gezeitenströmen des Zeitgeistes und der sozialen Realität unterworfen ist. Hier liegt meiner Ansicht nach auch ein Konfliktpotenzial, wenn die intrinsischen Motive sich gegen soziale Normen behaupten müssen – mir ist ein solcher Konflikt jedenfalls sehr vertraut.
Ich würde gerne erreichen, dass meine selbstgewählten Ziele zu den sozialen Vorgaben passen würden, bzw. dass es mir gelänge, die Menschen zu erreichen, die meinen Zielen ebenfalls etwas abgewinnen könnten.
Meine Hoffnung ist, dass meine Ziele so attraktiv sind, dass andere Menschen sie teilen könnten. Dabei befürchte ich aber, dass der soziale Druck auf mich so groß wird, dass ich meine Ziele aufgeben müsste.
Ein Schritt in Richtung meines möglichen Erfolgs ist immer wieder, mich zu zeigen, meine Gedanken und Zielvorstellungen anderen mitzuteilen, um überhaupt eine Chance zu haben, Erfolg erleben zu können.
Ich denke, dass Erfolg in einem Kontext durchaus auf die anderen Kontexte günstig wirkt. Mein sozialer Erfolg würde mich auch in meiner Selbstdisziplin anspornen, mich milder gegenüber meiner Tochter stimmen und mir Gelegenheiten schenken, Zeit mit meiner Liebsten zu verbringen.

Mit Gefühl – mitgefühlt

Mitgefühl oder Empathie ist eine häufig geforderte und gewünschte Fähigkeit, bzw. Tugend. Mitgefühl ist nicht gleich Mitleid und ich denke, dass Mitgefühl von der Ergänzungstugenden Abgrenzung und Wahrhaftigkeit profitiert.
Mitgefühl mit mir selbst ist eine immer wieder neue Herausforderung. Wenn ich etwas nicht so hinbekomme, wie ich es mir gedacht habe, wenn ich etwas trotz Vorsatz nicht geschafft habe oder auch etwas geschafft habe, was ich eigentlich nicht schaffen wollte. Leichter fällt mir das mitfühlen mit meiner Liebsten. Allerdings gibt es auch hier Gelegenheiten, bei denen ich eher gereizt als mitfühlend reagiere. Im sozialen Kontext fällt mir Mitgefühl am leichtesten, vor allem wenn eine „leidende Gruppe“ relativ weit weg ist. In einer konkreten Gruppe, in der ich teilhabe, ist das dann schon wieder schwieriger.
Körperlich fühlt sich Mitgefühl toll an. Mein ganzer Körper wird weicher, mein Puls und meine Atmung beruhigen sich und mein Gesicht entspannt sich. Emotional bin ich von Liebe und Zuversicht erfüllt, auch wenn ich die Not eines anderen gut wahrnehmen kann. Kognitiv befinde ich mich dann auf einer sehr abstrakten Ebene, von der aus ich die Relativität der Phänomene betrachten und akzeptieren kann.
Diesen Zustand von Mitgefühl möchte ich möglichst häufig erreichen und ich versuche zumindest, ihn ständig zu üben. Leider kann ich es nicht vermeiden, auch immer wieder in andere Zustände zurück zu fallen – in egoistischen Neid, in konformistische Parolen oder in besserwisserische Expertenkenntnisse. Dann ist wieder mein Selbstmitgefühl gefordert, mich dafür nicht zu verurteilen.
Meine Hoffnungen gehen dahin, dass ich die Zeitspannen des Mitgefühls ausweiten kann und dass meine Mitgefühlspraxis ein wenig auf meine Mitmenschen ausstrahlt. Ängste kann ich dann finden, wenn es mir trotz Anstrengung, nicht gelingt das Mitgefühl in mir zu finden. Es ist eine etwas diffuse Angst, die mit ebenso diffusem (Welt)Schmerz vermischt ist – ich beginne dann selbst zu Leiden, in Selbstmitleid abzurutschen.
Ich arbeite inzwischen konkret an meinen Fähigkeiten des Mitfühlens. Regelmäßige Meditation und Versuche, auch unsympathischen Menschen mitfühlend zu begegnen. Wenn es mir gelingt, einen unsympathischen Nachbarn freundlich zu grüßen, fühlt sich das gut für mich an – spätestens wenn ich dann hören muss, dass er mich wieder beschimpft, wird die Herausforderung größer. Meine Fortschritte marschieren nicht gerade, aber ich denke, ich komme auch mit kleinen Schritten voran.

Gedanken zum Asyl

Asyl
Die Berichterstattung über die große Anzahl von Asylbewerber*innen überflutet auch meinen medialen Alltag. Bis gestern habe ich noch keine*n persönlich kennengelernt und in meinen Alltag sind noch keine Flüchtlinge aufgetaucht.
Mit meiner Liebsten habe ich schon öfter darüber gesprochen, dass wir gerne etwas tun würden, um diesen notleidenden Menschen zu helfen und wir sammeln jetzt immerhin schon Infos, wo man sich wie einbringen kann.
Das ist jetzt das soziale Projekt, die Menschen dabei zu unterstützen, Deutsch zu lernen.
Wenn ich mit dem Thema in meine Körpersphäre spüre, empfinde ich einen Druck, der von vorne auf meinen Oberkörper und meinen Kopf wirkt. Ich assoziiere das mit Überwältigung und einer Ahnung von Hilflosigkeit, die bis zur Ohnmacht reichen könnte.
Emotional steht im Vordergrund die Trauer darüber, dass so viele Menschen ihre Heimat aufgeben mussten – und im zweiten Nachspüren auch wieder Zorn auf die Menschen, die mit ihren Gewaltakten diese Menschen entwurzeln.
Ich denke, dass es die Menschlichkeit gebietet, Asyl zu gewähren und weiter, dass es nicht damit getan ist, ein paar Zelte hinzustellen oder Lager bereit zu machen, in denen die Menschen dann „aufgefangen“ werden. Ich denke, dass ich ebenfalls dazu aufgerufen bin, aus meiner Passivität zu erwachen.
Wenn ich tatsächlich erreichen könnte, einen gewissen Zeitaufwand für die Unterstützung der Asylant*innen aufzubringen, wäre das auch ein Erfolg für mich – Zeit, die ich sinnvoll verbrächte. Ich wäre ungern in der Position des Klagens über die Umstände und des Versagens der Behörden und säße dabei bequem auf meinem Sofa.
Für wünschenswert halte ich, dass die Volksvertreter*innen, vom Gemeinderat bis zum Präsidenten, Klartext sprechen würden – nicht polarisierend oder dramatisierend, aber ihren Wähler*innen die Wahrheit zuzumuten, dass es einen langen Atem braucht, bis diese Herausforderung halbwegs gemeistert wird. Dass in der Situation sowohl Chancen als auch Risiken liegen, dass Integration vor allem Kontakt und Kommunikation braucht. Ich fürchte die radikalen „kommt doch alle zu uns“ Protagonist*innen ebenso wie die radikalen „bleibt wo ihr herkommt“ Rufer*innen.
Ein Schritt für mich wäre es, meinen Plan umzusetzen und im Laufe der nächsten Wochen einen Tandem-Sprach-Kontakt aufzubauen. Ich vermute, dass ich mich dadurch bereichert fühlen würde – Kontakt zu einer anderen Kultur, einer anderen Sprache, einer anderen Sozialisation. Sicher wird es eine Herausforderung für meine Vorurteile gegen dunkelhäutige Menschen, gegen Kopftuchträgerinnen, gegen Menschen, die eine andere Distanz als ich bevorzugen.
Ach ja und dann noch der andere Glaube – Gott ist, was man daraus macht!